Bernd Gockel

„Meine Arbeit ist manchmal wie ein Krimi“

Als Bernd Gockel vor 30 Jahren seine Meisterprüfung ablegte, war ihm noch nicht bewusst, dass er eines Tages die Arbeit seiner Kollegen prüfen würde. Nach einer Zeit als Angestellter gründete er 1997 seinen eigenen Dachdeckerbetrieb, beschäftigte mehrere Mitarbeiter und arbeitete für private und öffentliche Auftraggeber rund um Willich. Als Handwerksunternehmer hatte Gockel grundsätzlich einen interessanten Beruf, doch auch hier wiederholten sich viele Arbeiten immer wieder, daher suchte er nach einer neuen Herausforderung. Durch seine langjährige Mitgliedschaft bei der Dachdecker Gilde Nordrhein, bei der es darum geht, mit Kollegen Erfahrungen auszutauschen und auch mal über den Tellerrand zu schauen, wurde Gockel klar, dass er sich der Sachverständigentätigkeit widmen wollte. Also startete er mit der Weiterbildung, die er 2005 abschloss. Seither darf sich Bernd Gockel „Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger des Handwerks“ nennen.

Die Aktivitäten seines Handwerksbetriebs hat Bernd Gockel in den letzten Jahren nach und nach zugunsten seiner Gutachtertätigkeit zurückgefahren. Als sein angestellter Meister dann 2015 an die Mosel zog, reduzierte der Unternehmer seinen Betrieb auf eine begrenzte Anzahl an Auftragsarbeiten. „Allein schon, um handwerklich im Thema zu bleiben, arbeite ich nach wie vor auf der Baustelle. Ich führe weiterhin in kleinem Umfang Fassaden- und Klempnerarbeiten sowie Abdichtungen durch“, berichtet er. „Umfangreiche Dachsanierungen nehme ich aber nicht mehr an.“ Dafür nimmt Gockels Gutachtertätigkeit seit einigen Jahren spürbar zu, und besonders bei gerichtlichen Aufträgen steckt hier oftmals viel Detektivarbeit dahinter.

„Jedes Mal, wenn ich eine neue Akte übernehme, bin ich gespannt, was mich erwartet“, sagt Bernd Gockel. „Meine Akten lesen sich oft wie ein Krimi. Denn manchmal ziehen sich die Streitigkeiten über Baumängel in einem Gewerk schon über einen längeren Zeitraum, und es gibt einen regen Schriftverkehr, bei dem häufig neue Aspekte des Falles zutage treten“, berichtet er. Solche Akten bekommt der Sachverständige in der Regel von Gerichten gestellt, die ihm etwa jeden dritten Auftrag erteilen. Während knapp die Hälfte seiner Gutachterfälle direkt von unzufriedenen Handwerkskunden an ihn herangetragen wird und der Rest – zehn bis zwanzig Prozent – durch Berufskollegen, die zum Teil auch eine Begleitung bei Baumaßnahmen wünschen.

Bernd Gockel, gelernter Dachdeckermeister, Unternehmer und „Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger des Handwerks“

„Besonders, wenn ein Thema schon mehrere Jahre strittig ist, und beide Seiten Anwälte eingeschaltet haben, geht es bei Ortsterminen oft sehr emotional zu“, weiß der Sachverständige zu berichten. „Es ist auch durchaus schon vorgekommen, dass ich einen Termin abbrechen musste, weil sich die Parteien auf dem Ortstermin in die Haare bekommen haben und ich meine Arbeit nicht mehr ausführen konnte. Das regelt sich aber meist schnell, da das Gericht in solchen Fällen Sanktionen ausspricht.“ Lieber ist es dem Handwerksmeister aber, wenn er wie ein Mediator wirken und allen Beteiligten gerecht werden kann. „Für beide Seiten ließen sich hohe Kosten sparen, wenn ein Sachverständiger beauftragt würde, bevor Anwälte und Gerichte ins Spiel kommen“, so Gockel. „Die Kosten einer Beauftragung sind bis zur Klärung des Sachverhalts vom Auftraggeber zu tragen. Dabei sind die Sachverhalte manchmal allerdings so komplex, dass sie sich durch bloßes Aktenstudium und einfachen Augenschein nicht lösen lassen. „Im Zweifel muss ich ein strittiges Bauteil öffnen lassen, um zu sehen, wo der Fehler liegt“, stellt er fest.

Langjährige handwerkliche Erfahrung sowie überdurchschnittliche Fachkenntnisse sind für Bernd Gockel wichtige Voraussetzung für eine Gutachtertätigkeit. Dementsprechend ist die Weiterbildung zum Sachverständigen auch sehr komplex und setzt eine Ausbildung als Handwerksmeister voraus. Dazu kommen Kurse im juristischen Bereich sowie weitere Verbandsfortbildungen. Abschließend wird eine schriftliche und mündliche Prüfung abgelegt. Zur Zeit von Gockels Ausbildung war darüber hinaus auch eine Hospitation bei einem aktiven Gutachter erforderlich. Bernd Gockel findet es schade, dass das heute nicht mehr verpflichtend ist. „Sie müssen das Problem ja nicht nur fachlich lösen, sondern auch emotional“, weiß er. „Das schaffen Sie am besten mit einer guten Portion praktischer Gutachtererfahrung, die Sie kaum in Weiterbildungen lernen können.“

Die Zunahme von Streitigkeiten im Handwerk führt Gockel auf verschiedene Ursachen zurück: „Neben den fachlichen Defiziten von Handwerksmitarbeitern und dem zunehmenden Fachkräftemangel der Betriebe sind es auch oft kalkulatorische Fehler, die dann durch hektisches und nicht fachgerechtes Ausführen von Arbeiten zu Problemen führen“, stellt Bernd Gockel fest. „Das muss aber nicht so sein. Die Arbeit im Handwerk ist zwar heute immer noch körperlich anstrengend, gegenüber früher hat sich aber vieles verbessert. Der Beruf des Dachdeckers ist vielfältig, abwechslungsreich und bietet gute Weiterbildungsmöglichkeiten. Nicht umsonst trauen sich auch immer mehr Frauen an die ehemalige Männerdomäne heran. Wenn unser Handwerksberuf dazu mehr Wertschätzung erfahren würde, halte ich eine positive Entwicklung für möglich.“

Bernd Gockel
Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger des Handwerks
Willicher Straße 18
47877 Willich
Telefon: 02154/80484
E-Mail: info@gockel-bedachungen.de
gockel-bedachungen.de

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