Seidenbrauerei

Echte Braukunst aus Samt und Seide!

Hopfen, Malz, Hefe und Wasser. Simpler kann ein Rezept kaum sein. Doch hinter diesen vier Zutaten steht nicht nur ein in seinem Facettenreichtum kaum zu überbietendes Produkt, sondern auch eine Kultur, die so fest mit der Seidenstadt verwoben ist wie Sie Knöngels und Meister Ponzelar. Einst hatte Krefeld über 70 Brauereien; große und ganz kleine. Sie waren Treffpunkt der Weber und Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens nach Feierabend. Maximilian Sistig, Spross der Textildynastie Sistig, ist dieser Tage angetreten, die Samt- und Seidenhistorie Krefelds in Flaschen zu gießen. Mit der Seidenbrauerei hat er ganz bewusst eine Marke kreiert, die die alten Werte aufgreift und mit neuem Leben füllt. „Samt“ heißt sein erstes Brauerzeugnis, „Seide“ wird bald folgen. Eine Reminiszenz an den Ort, der für den jungen Braumeister als Ursprung seiner Manufaktur schon immer alternativlos war.

„Als ich mich dazu entschieden habe, Bierbrauer zu werden, tat ich das schon mit dem Ziel, irgendwann meine eigene Brauerei zu gründen“, sagt Max, wie er am liebsten genannt wird, und lacht. „Natürlich ging das nicht von heute auf morgen und die ersten Versuche, ein vertriebsfähiges Bier zu brauen, sind kläglich gescheitert, aber das Ziel habe ich nie aus den Augen verloren.“ Schon immer hatte Max das „flüssige Brot“ begeistert, die Geschmacksvielfalt und der Schöpfungsprozess dahinter. Erst macht er seine Ausbildung auf Usedom, anschließend erwirbt er die Meisterehren auf einer der renommiertesten Akademien in der Nähe von München. „Bier zu brauen, hat heute nichts mehr mit großen Kochlöffeln zu tun, mit denen in Kesseln gerührt wird, sondern ist ein vollautomatisierter Prozess, dem sehr viel Technik zugrunde liegt. Der Anspruch an der Meisterschule ist schon hoch und mir wurde hier viel abverlangt“, so Max weiter. Während er in jenen Tagen lernt, wie es in Großbrauereien zugeht, tüftelt er daheim in Krefeld in der elterlichen Waschküche mit Kochtöpfen und kleinen Kesseln an seinen Rezepten für die spätere Braumanufaktur. Mal ist ein dem Craftbier zugeordnetes IPA sein Ziel, mal geläufigere Biere. „Dass das ,Samt‘ jetzt ,nur‘ ein Altbier geworden ist, hat schon einige meiner Freunde verwundert, aber es ist eben nicht einfach nur ein Altbier, sondern ein besonderes. Und zum Glück spiegeln mir das alle, die es einmal probiert haben“, sagt der kreative Urheber nicht ganz ohne Stolz.

Dass einer erfolgreichen Unternehmung ein gutes Produkt zugrunde liegen muss, bleibt unbestritten, doch Markenbildung und Vertrieb sind nicht minder wichtige Aspekte. Wohl dem, der hier auf das richtige Netzwerk zugreifen kann. „Max ist und bleibt die treibende Kraft und letztlich auch der Entscheider hinter der Seidenbrauerei, aber natürlich habe ich ihm gern mit meinen Fähigkeiten und den richtigen Verbindungen unter die Arme gegriffen“, sagt Vater Andreas Sistig, der lange Zeit beim Kosmetik-Riesen Shiseido in leitender Verantwortung stand und heute selbst als Unternehmer in der Kosmetik-Branche aktiv ist. „Auf dem Weg hin zu einem marktfähigen Produkt sind so viele Dinge zu beachten. Das kann ein junger Mensch gar nicht alles wissen.“ Wer heute eine Flasche, den Kasten oder die Vierer-Box „Samt“ in den Händen hält, erkennt den Sachverstand dahinter sofort. Das Design ist wohl durchdacht und mit optischen Verbindungen zur Seidenstadt versehen. Die Seidenbrauerei wirkt jung, selbstbewusst und anspruchsvoll, aber gleichzeitig auch heimatverbunden und traditionell – genau wie sein Urheber Max, der über acht Jahre an seinem Traum tüftelte. „Ich bin froh und dankbar, dass wir in Oelde eine Brauerei gefunden haben, die nach meinem Anspruch unser Bier braut und abfüllt. Natürlich haben wir auch in Krefeld gesucht, aber leider haben wir niemanden gefunden, bei dem es passte. Unser Bier ist aufwändig und die Mengen nicht sehr groß, das sind natürlich keine einfachen Voraussetzungen“, erklärt Max und verweist auf die Nullserie, die rund 4.000 Flaschen umfasst.

Familientradition: Vater Andreas Sistig unterstützt Sohn Max bei der Markenbildung mit seinem Know-how und Netzwerk.

Tatsächlich ist Samt kein gewöhnliches Alt, das lassen schon die vier Malzsorten und der hinzugegebene Aromahopfen erahnen. Es ist vor allem der Geschmack, der diese Erkenntnis in Stein meißelt: Fruchtig-herb und komplex, aber dennoch süffig und leicht, erinnert es in Nuancen an ein IPA und die Kraft eines Bockbieres – ohne die harte Note. „Gerade Menschen, die sonst kein Alt trinken, sagen mir immer wieder, wie gut ihnen das Samt schmeckt“, sagt Max und lächelt. 300 Flaschen brachte er vor einiger Zeit als Testballon in den Handel, die sofort reißenden Absatz fanden. Die aktuelle Charge ist an zwei Stellen in Krefeld zu kaufen: beim Trinkgut Birol in Linn und im Wine House auf dem Großmarkt. Dort wird es bald auch den Zwillingsbruder „Seide“ zu kaufen geben. „,Seide‘ ist ein sogenanntes Wieß, also ein Ur-Kölsch“, freut sich der kreative Urheber.

Mittelfristig, da sind sich Vater und Sohn einig, soll die Seidenbrauerei ein physisches Zuhause in der Stadt bekommen und in die gute Tradition der Familie eintreten. „Ich denke, Leo Sistig wäre wahnsinnig stolz auf seinen Ur-Ur-Enkel“, sagt Andreas Sistig und ergänzt: „Max hat mit seiner Brauerei ein Kondensat der Stadtgeschichte geschaffen und in ein neues Zeitalter überführt“. Samt und Seide 2.0 – und das auch noch verdammt lecker!

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