Caritas für Krefeld und Meerbusch

Nächstenliebe braucht Nähe: Nina Dentges- Kapur

Als die Eltern von Matthias Rust den Roten Platz in Moskau besuchten, auf dem ihr Sohn im Frühjahr 1987 mit seiner Cessna gelandet war, staunte der Vater angesichts der Dimensionen des Platzes über das große fliegerische Geschick des Juniors. Die Mutter hingegen sah etwas anderes: „Was hätte da alles passieren können!“, schlug sie im Hinblick auf das große Risiko die Hände über dem Kopf zusammen. – Der Mann ist pragmatisch und technisch, die Frau emotional und mitfühlend: Diese Zuschreibung bestimmt immer noch wesentlich die Rollen, die Männer und Frauen in unserer Gesellschaft spielen. Nina Dentges-Kapur, die seit Anfang des Jahres zusammen mit ihrem Kollegen Delk Bagusat den neuen Vorstand der Caritas für Krefeld und Meerbusch bildet, ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Realität deutlich weniger festgefahren ist.

„Ich bringe eine große Affinität und Liebe zu Technik und Zahlen mit“, erklärt die 42-Jährige mit leuchtenden Augen. „Meine Aufgabe wird es demnach unter anderem sein, den Prozess der Digitalisierung weiter voranzutreiben und etwas von meiner Begeisterung an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben.“ Wer mit dem Werdegang von Dentges-Kapur vertraut ist, den wundert das Bekenntnis zur Technik nicht: Nach Abschluss ihres BWL-Studiums arbeitete sie zunächst für die Deutsche Lufthansa in Aachen an einem Pilotprojekt zur Internetnutzung, anschließend als Projektmanagerin bei einem Aachener IT-Dienstleister. „Familie und Beruf als Pendlerin unter einen Hut zu bekommen, war auf Dauer schwierig“, erinnert sie sich an diese Zeit. „Als ich 2010 das Stellenangebot der Caritas sah, die jemanden für das Controlling suchte, griff ich also kurzentschlossen zum Hörer.“ Eigentlich wollte sie sich nur erkundigen, ob es überhaupt sinnvoll sei, sich ohne echte Berufserfahrung als Controllerin zu bewerben: „Das Gespräch verlief dann aber so gut, dass ich meine Bewerbung einreichte. Und am Ende setzte ich mich gegen meine Mitbewerber durch“, berichtet Dentges-Kapur. Es war der Anfang einer Reise, die sie 2018 erst ins Amt der Referentin des Vorstands und der Geschäftsführung führte und nun schließlich in den Vorstand. Dentges-Kapur kennt die Organisation, ihre Strukturen, die verschiedenen Einrichtungen, ihre Mitarbeiter und Ehrenamtlichen – und natürlich die Hilfebedürftigen, als deren Anwalt sich die Caritas versteht. Aber was sie auszeichnet, ist weit mehr als der oft beschworene „Stallgeruch“.

Wenn man Dentges-Kapur zuhört, spürt man ihre Begeisterung für die Sache. Sie bringt nicht nur den technischen Sachverstand mit, den es braucht, um eine breit aufgestellte Organisation wie die Caritas digital weiterzuentwickeln, sondern auch die Gabe, dieses Wissen zu vermitteln. Genau darauf kommt es an, sowohl, was die eigenen Mitarbeiter betrifft, als auch diejenigen, die die Leistungen der Caritas in Anspruch nehmen. „In der Pflege kann moderne Technik enorm dabei helfen, Aufwand für Verwaltung und Dokumentation zu minimieren“, erläutert Dentges-Kapur. „Aber die Niveauunterschiede und Hemmungen sind erheblich. Wenn wir unseren Pflegerinnen und Pflegern klar machen, dass sie durch Technik wieder mehr Zeit für das gewinnen, worum es ihnen eigentlich geht, nämlich die Arbeit mit den Menschen, dann gewinnen wir sie auch dafür.“ Auf der anderen Seite steht die Erweiterung des digitalen Hilfsangebots – gerade während der Pandemie: „Man muss sich das klar machen: Wer in dieser Zeit keinen Zugang zum Internet hat, hat keinen Zugang zu Leistung. Wir müssen Wege finden, auch solche Menschen zu erreichen, die kein Smartphone und keinen eigenen Rechner haben. Das gelingt uns etwa dadurch, dass wir Internetzugang in unseren Einrichtungen anbieten oder Videotelefonie und W-Lan in unseren Seniorenheimen bereitstellen“, erklärt die zweifache Mutter.

Für ihr erstes Jahr als Vorständin hätte sie sich gewiss ein einfacheres aussuchen können: „Rund 80 Prozent unseres derzeitigen Handelns haben direkt mit Corona zu tun“, bestätigt Dentges-Kapur. „Unsere fairKauf-Läden sind aktuell geschlossen, dazu müssen wir die Sicherheit in unseren Pflegeeinrichtungen gewährleisten. Das ist ein riesiger organisatorischer Aufwand.“ Aber die aktuelle Krisensituation birgt für ihr persönliches Projekt auch viele Chancen: „Die Pandemie ist ein Beschleuniger für viele Entwicklungen, die bisher vernachlässigt wurden. Man denke nur an die Online-Meetings, die nach einem Jahr für viele bereits selbstverständlich geworden sind – und weitaus mehr als nur eine Notlösung. Hier gilt es, aus der derzeitigen Not eine Tugend zu machen, Motivation und Schwung zur Veränderung mitzunehmen“, weiß Dentges-Kapur. „Die Bereitschaft dazu ist da, das sehe ich jeden Tag.“

Den Brückenschlag zwischen der oft als „kalt“ apostrophierten Technik und der menschlichen Wärme zu schaffen, für die die Caritas steht, ist eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Vorständin. Dass mit ihr zum ersten Mal eine Frau eine Hälfte der Doppelspitze der Organisation bildet, ist angesichts 80 Prozent weiblicher Belegschaft hingegen nur ein weiterer konsequenter Schritt innerhalb eines kontinuierlichen Modernisierungsprozesses: Schon seit einigen Jahren geht die Caritas bei Themen wie Gender und Diversity als Vorbild voran. Für Dentges-Kapur ist das alles ganz normal: „Sicherlich verleihe ich meinem Amt eine eigene Färbung. Ob diese dezidiert ,weiblich‘ ist, können andere wahrscheinlich besser beantworten“, lacht sie. Für Dentges-Kapur steht etwas anderes im Vordergrund: Sie möchte in diesem Jahr in ihrer neuen Rolle ankommen und mithelfen, dass die Caritas die Corona-Pandemie weiterhin so gut meistert und sie dann zurück in eine Normalität führen, in der sie sich wieder ihrer Kernkompetenz widmen kann. „Nächstenliebe braucht Nähe“, weiß sie. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle.

Caritas für Krefeld und Meerbusch
Caritasverband für die Region Krefeld e.V. und Krefelder Caritasheime GmbH
Hauptamtlich Beschäftigte:rund 1.300
davon Azubis:rund 140
Ehrenamtliche:rund 300
Freiwilligendienste FSJ / BFD:rund 25
Einrichtungen / Dienste:37
(das sind z.B. sechs Altenheime, Tages- und Kurzzeitpflege, vier Caritas-Pflegestationen, Alkohol- und Drogenhilfe, Fachdienst für Integration und Migration, Fahrbarer Mittagstisch, Haus- NotRuf, fairKauf-Läden, Kita, Gemeinde- und Stadtteilarbeit, Jugend- und Stadtteilhaus Schicksbaum, Marienburg, Senioren- club „Em Cavenn“, Umzugshilfe für Senioren usw.) Jahresumsatz (in ca. Mio. Euro): 53,4
(Stichtag 31.12.2019)

Caritasverband für die Region Krefeld e. V.
Am Hauptbahnhof 2, 47798 Krefeld
Tel.: 0 21 51-63 95 0
E-Mail: info@caritas-krefeld.de

www.caritas-krefeld.de

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